Energiedialog in Seitingen-Oberflacht & Talheim
Gemeinderäte machen sich zu Windenergie schlau
Bericht zum Windenergie-Workshop der Gemeinderäte am 28.03.2025
Die Gemeinden Talheim und Seitingen-Oberflacht möchten bei einer möglichen Windparkplanung zusammenarbeiten. Um sich mit der Thematik vertraut zu machen und umfassend Einblick in die verschiedenen Auswirkungen rund um Windenergieanlagen zu erhalten, fand am Freitag, dem 28. März 2025, ein Workshop-Nachmittag für die beiden Gemeinderäte statt. Der Windenergie-Workshop wurde vom Forum Energiedialog Baden-Württemberg organisiert und moderiert. Erste Überlegungen für einen Windpark zwischen den beiden Gemeinden kamen im Februar auf. Grund dafür ist die Flächenausweisung des Regionalverbands zur Umsetzung der Bundes-/Landesvorgaben zum Ausbau von Windenergie. Da sich die diskutierten Flächen im Eigentum der Gemeinden befinden, können diese selbst darüber befinden. Es sind jedoch noch keine Entscheidungen dazu gefallen.
Besichtigung des Windparks „Junge Donau“
Den Auftakt des Windenergie-Workshops bildete die Fahrt zum nahegelegenen Windpark „Junge Donau“ zwischen Eßlingen und Ippingen. Der moderne Windpark besteht aus fünf Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 241 Metern und einer Gesamtnennleistung von 21 Megawatt. Der Windpark wurde von der Firma JUWI GmbH entwickelt und ist seit September 2023 in Betrieb. Vor Ort konnten sich die Mitglieder der Gemeinderäte einen Eindruck von einem sich in Betrieb befindenden Windpark verschaffen. Vertreter der JUWI GmbH begleiteten die Gruppe und erläuterten neben der Historie auch die technische Umsetzung des Projekts. Dabei wurden zahlreiche Fragen der Gemeinderatsmitglieder zu verschiedenen Themen, wie dem Genehmigungsverfahren, Schall- und Schattenwurf sowie möglichen Auswirkungen auf die Umwelt ausführlich beantwortet.
Gespräch mit anwohnenden Ortschaftsräten
Weitere wertvolle Einblicke erhielten die Teilnehmenden durch Gespräche mit dem Ortsvorsteher von Ippingen, Christian Butschle und drei Mitgliedern aus dem Ortschaftsrat Eßlingen, die ebenfalls in den Windpark gekommen waren. Sie berichteten aus erster Hand über ihre Erfahrungen, über den Alltag mit den Windenergieanlagen und wie Planung und Bau verliefen.
„Wir hören die Windräder schon, aber man lernt, die Geräusche zu ignorieren. Wichtig ist uns, nicht umzingelt zu werden.“
Manuel Otholt, Ortschaftsrat Eßlingen, über den Windpark Junge Donau
Besonders während der ersten Planungsphase häuften sich die Sorgen der Bürgerschaft in den angrenzenden Ortsteilen. Seit Inbetriebnahme des Windparks entspannt sich die Diskussion aber stetig. Der Wald kann nach wie vor für Freizeitaktivitäten genutzt werden. In Eßlingen waren die Anwohnenden vor allem mit der Kommunikation zu Beginn des Projekts unzufrieden. Der Ortsvorsteher von Ippingen appelliert an die Gemeinderäte, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen, um als Kommune vom Windpark profitieren zu können.
Besichtigung potenzieller Standorte im Wald Waldberg (T) | Oberer Berg (SO)
Der nächste Stopp führte die Gemeinderäte in das mögliche Planungsgebiet im kommunalen Wald zwischen Talheim und Seitingen-Oberflacht. Der Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg führt die Fläche „Oberer Berg-Höllbühl“ mit einer Größe von 282 Hektar als mögliches Vorranggebiet für Windenergieanlagen. Die Fläche erstreckt sich größtenteils über Waldgebiete von Seitingen-Oberflacht und zu einem kleinen Teil auch über den Talheimer Teil des Waldes. Auf beiden Gemarkungen begutachtete die Gruppe einen möglichen Standort für Windräder im Wald. Der Workshop wurde von den zuständigen Revierförstern Klaus Butschle (Talheim) und Harald Rutha (SO) begleitet. Rutha erklärte an den beiden Halten die bestehenden Waldgebiete – etwa labile Fichtenbestände in Talheim, die er als ökologisch weniger wertvoll einordnete.
„Die Natur kennt kein Richtig oder Falsch – nur Möglichkeiten.“
K. Butschle, Revierförster Talheim zu den notwendigen Eingriffen in den Wald
Besondere Aufmerksamkeit galt beim Workshop der nachhaltigen Waldbewirtschaftung sowie möglichen Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz. Für eine Windenergieanlage müssten in einem Altholz circa 600 Festmeter Holz auf 1,5 Hektar gerodet werden. Im Vergleich dazu: In Seitingen-Oberflacht schlägt die Gemeinde 5.200 Festmeter regulär pro Jahr – allerdings über den gesamten Wald verteilt. Wenn eine Windenergieanlage gebaut würde, müssten entsprechende Flächen wieder aufgeforstet werden. Insgesamt bewerten die Förster das mögliche Windkraft-Projekt in ihren Revieren unkritisch.
Vorstellung der Projektidee und Fragerunde
Zum Abschluss des Workshop-Nachmittags präsentierten Vertreter der JUWI GmbH ihre konkrete Projektidee für einen Windpark in den Gemeinden Seitingen-Oberflacht und Talheim: Fünf moderne Windenergieanlagen sind für JUWI im Waldgebiet auf Flächen im Eigentum der Kommunen denkbar. Sie stellten die technischen Rahmenbedingungen vor und erläuterten, welche Kriterien für die Standortwahl ausschlaggebend sind. Dabei wurde klar, wie gering der Spielraum zur Platzierung von fünf Anlagen wäre. In einer offenen Fragerunde hatten die Gemeinderäte Gelegenheit, spezifische Fragen zu stellen und kritische Aspekte zu diskutieren. Wichtig war für die Gremien dabei unter anderem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerschaft.
„Es war wichtig, zuerst unsere Gemeinderäte umfassend zu informieren – danach, jetzt ist die Bürgerschaft an der Reihe.“
Bürgermeister Jürgen Buhl, zur Entscheidungsfindung zu einem neuen Windpark
Der Windenergie-Workshop bot den Gremienmitgliedern wertvolle Einblicke in die Chancen und Herausforderungen eines Windparkprojekts. Die gewonnenen Informationen sollen als fundierte Grundlage für die weiteren Beratungen in den Gemeinderäten von Seitingen-Oberflacht und Talheim dienen. Die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen einer oder mehrerer Veranstaltungen wird aktuell vorbereitet. Weitere Informationen folgen.
Hier finden Sie den Flyer (PDF-Dokument, 1,08 MB) (PDF-Dokument, 1,08 MB)
Bericht aus der Gemeinderatssitzung am 05. Juni 2025
Windenergie – Fahrplan zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verpachtung von gemeindeeigenen Flächen auf dem Oberen Berg / Höllbühl
Der Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg wird voraussichtlich am 26.09.2025 den teilflächenplan über Vorranggebiete für Windenergieanlagen (Windräder) beschließen. Dieser Teilflächenplan beinhaltet eine Fläche auf dem Oberen Berg / Höllbühl auf dem Bergrücken südlich von Oberflacht. Unser Gemeinderat hatte im Anhörungsverfahren erfolgreich die Herausnahme der engeren Wasserschutzzone II bewirkt. Sobald dieser Teilflächenplan in Kraft ist, sind auf diesen Flächen Windräder auch ohne Zustimmung der Gemeinde genehmigungsfähig.
Die Fläche, die der Regionalverband auf dem Oberen Berg / Höllbühl ausweisen wird, ist aufgrund seiner guten Windhöffigkeit und nach Prüfung der naturschutzrechtlichen Belange für potentielle Betreiber von Windräder äußerst attraktiv. Dies haben bereits mehrere Firmen, die Windräder erstellen möchten (Projektierer) der Gemeinde gegenüber geäußert und großes Interesse an einer Verpachtung von gemeindeeigenen Flächen bekundet.
Die Waldflächen auf dem Oberen Berg / Höllbühl liegen zu einem größeren Teil im Eigentum der Gemeinde Seitingen-Oberflacht. Dazwischen befindet sich jedoch ein knapp 23 ha großes Waldgrundstück des Landes Baden-Württemberg (Forst BW). Forst BW hat bereits im Dezember 2024 gegenüber der Gemeinde angekündigt, dass diese Fläche im Rahmen der von der Landesregierung ausgerufenen Vermarktungsoffensive Windkraft über ein europaweites Angebotsverfahren vermarktet werden soll. Forst BW hat die Gemeinde angefragt, ihre umliegenden Flächen mit in die europaweite Vermarktung einzubringen. Der Gemeinderat hatte dies abgelehnt mit der Begründung, dass zuerst eine Information über Auswirkungen von Windrädern und eine Beteiligung der Bürgerschaft erfolgen soll. Außerdem lehnte der Gemeinderat eine europaweite Ausschreibung ab, um einen möglichst großen Einfluss auf Anzahl und genauen Standort der Anlagen zu haben und eine regionale Wertschöpfung zu ermöglichen. Forst BW hat der Gemeinde einen Vermarktungsaufschub bis zur Sommerpause 2025 eingeräumt.
Unserem Gemeinderat war es neben einer umfassenden eigenen Information sowie der Bürgerschaft insbesondere wichtig, als größter Flächeneigentümer auf dem Oberen Berg / Höllbühl das Heft des Handelns in den Händen zu behalten. Die Gemeinde ist bei einer Flächenverpachtung nicht an enge Kriterien einer europaweiten Ausschreibung gebunden, sondern kann wichtige Standortfaktoren wie Abstände der Anlagen zur Wohnbebauung und damit Lärmemissionen und Schattenwurf aktiv beeinflussen. Ein aus einer europaweiten Ausschreibung hervorgehender Betreiber von Windrädern braucht sich „nur“ im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu bewegen. Dem Gemeinderat ist zudem eine finanzielle Beteiligung der Bürgerschaft besonders wichtig. Wird die Verpachtung allein in die Hände von Forst BW gegeben, hat die Gemeinde keinerlei Einfluss mehr auf diese Faktoren. Bei einer Verpachtung von Gemeindeflächen würden Pachtentgelte in finanziell bedeutsamer Größenordnung der Gemeinde zugutekommen und nicht allein Forst BW.
Weil die Gemeinde Talheim in geringem Umfang ebenfalls Grundstückseigentümerin im Vorranggebiet ist und von WEAs ebenso betroffen wäre wie Seitingen-Oberflacht, streben beide Gemeinden eine interkommunale Zusammenarbeit an. Der Gemeinderat von Talheim wird seine Entscheidung über die Verpachtung dieser Flächen bis Ende Juli treffen und zwar unabhängig von Seitingen-Oberflacht.
Unter neutraler Moderation des Forum Energiedialogs soll die Bürgerschaft in einem Informations- und Dialogabend am Freitag, 27. Juni in der Ostbaarhalle informiert werden. Dieser Abend wird in Form eines Infomarktes mit Ständen verschiedener Akteure stattfinden. Hierzu geladen sind sowohl Befürworter von WEAs als auch kritische Stimmen:
Gemeinderäte von Seitingen-Oberflacht und Talheim, 2 Projektierer, Forst BW, Forstamt, Baurechts- und Umweltamt als Genehmigungsbehörde, IHK, Dialogforum NABU/BUND, Bürgerinitiative Unser SO, Nachbarortschaften (Ippingen und Eßlingen) mit Erfahrungen zu Windrädern.
Nach dem Informations und Dialogabend soll möglichst in der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 30. Juli eine Entscheidung des Gemeinderats über die Verpachtung der gemeindeeigenen Waldflächen fallen.
In der Diskussion des Gemeinderats wurde betont, dass eine europaweite Ausschreibung der Waldflächen durch Forst BW unbedingt verhindert werden muss, um nicht nur von den Nachteilen von Windrädrern betroffen zu sein. Mit großer Mehrheit stimmte der Gemeinderat diesem Fahrplan zu.
Informations- und Dialogabend zu Windenergie in Seitingen-Oberflacht und Talheim
Die Gemeinden Seitingen-Oberflacht und Talheim laden Ihre Bürgerinnen und Bürgern herzlich zu einer gemeinsamen Informationsveranstaltung ein, bei der Sie sich umfassend über die ersten Ideen zu einem möglichen Windpark im Wald Oberer Berg – Waldberg informieren können.
Konzept und Moderation: Forum Energiedialog Baden-Württemberg (FED).
Datum: Freitag, 27. Juni 2025, 18:30 Uhr bis 21:15 Uhr
Ort: Ostbaarhalle, Heerweg 30, 78606 Seitingen-Oberflacht
Auf einem Informationsmarkt mit verschiedenen Ständen erhalten Sie Einblicke in unterschiedliche Aspekte rund um das Thema Windenergie. Neben Vertreterinnen und Vertretern der beiden Gemeinden stehen Ihnen auch Expertinnen und Experten zur Windenergie für Fragen und Austausch zur Verfügung.
Von Talheim soll ein Shuttle-Service zur Ostbaarhalle eingerichtet werden. Die genauen Abfahrtszeiten werden zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Faktencheck
Das Thema Windenergie ist in aller Munde. Die Energieagentur des Landkreises Böblingen hat hierzu einen Faktencheck erstellt, der viele Fragen beantworten hilft:
Hier finden Sie den Flyer zum Herunterladen (PDF-Dokument, 510,15 KB) (PDF-Dokument, 510,15 KB).
These 1: Windenergieanlagen sind hässlich und stören, sie „verspargeln“ die Landschaft.
Fakten:
„Schön“ oder „hässlich“ sind subjektive Bewertungen. Sind Kraftwerke, Straßen und Hochspannungsleitungen schön? Oder haben wir uns nur an ihren Anblick gewöhnt? Fakt ist, dass der Standort für Windenergieanlagen immer individuell bewertet werden muss.
Dabei
■ wird das Schutzgut Landschaftsbild durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt,
■ der Einfluss der geplanten Anlagen auf das Landschaftsbild auf Grundlage einer exakten Simulation und unter Berücksichtigung von konkreten Sichtbeziehungen bewertet und
■ die Belange des Landschaftsbildes sorgfältig mit denen des Klimaschutzes und des Ausbaus der Erneuerbaren Energien sowie weiterer Belange abgewogen.
Der Betrieb von Windenergieanlagen erfolgt außerdem nur zeitlich begrenzt (meistens 20 Jahre). Danach wird die Anlage zurückgebaut. Andernfalls sind eine erneute Genehmigung und zuvor eine neue Bewertung erforderlich.
These 2: Windenergieanlagen verbrauchen auf Dauer sehr große Flächen, besonders im Wald.
Fakt:
Der Bau von Windenergieanlagen nimmt, wie alle Bau- oder Infrastrukturprojekte, Fläche in Anspruch.
Aber:
■ Der Flächenbedarf je Windenergieanlage liegt durchschnittlich bei nur etwa einem Hektar.
■ Der direkte Flächenverbrauch ist im Vergleich zu anderen Anlagen zur Energiegewinnung sehr gering. Ein Beispiel: Um rechnerisch die gleiche Strommenge wie mit einer modernen Windenergieanlage zu erzeugen, benötigt man einen etwa 15 Hektar großen Solarpark.
■ Fast die Hälfte der direkt „verbrauchten“ Fläche (durchschnittlich etwa 0,4 Hektar) wird ausschließlich während der Bauphase benötigt und anschließend wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt.
Und: Bestandteil der Anlagengenehmigung ist die Pflicht zum vollständigen Rückbau und zur Renaturierung nach der Stilllegung. Zusätzlich ist in der Regel für die „verbrauchte“ Fläche ein Ausgleich zu schaffen.
These 3: Für Windenergieanlagen muss Wald gerodet werden. Er wird dadurch stark geschädigt.
Fakt:
Der Großteil des Waldes in Deutschland ist menschenge[1]machte Kulturlandschaft und wird für (forst-) wirtschaftliche Interessen genutzt.
■ In naturnahen oder unter Schutz stehenden Wäldern ist die Errichtung von Windenergieanlagen entweder nicht oder nur unter sehr engen Voraussetzungen genehmigungsfähig.
■ Ein Ausgleich des gerodeten Waldes an anderer Stelle in Form von Aufforstungsmaßnahmen mit geeigneten Baumarten wird oftmals gefordert oder freiwillig vom Anlagenbetreiber umgesetzt.
■ Zusätzlich zum Ausgleich sind Maßnahmen nach Arten[1]schutz- und Naturschutzrecht umzusetzen. Sie erhöhen die Arten- und Strukturvielfalt im Wald, z.B. durch ökologischen Waldumbau, Flächenstilllegung, Förderung von Alt- und Totholz oder künstliche Nisthilfen.
Und: Nach dem Ende des Anlagenbetriebs muss die komplette Windenergieanlage samt Fundament zurückgebaut und die Fläche wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden.
These 4: Windenergieanlagen emittieren gesundheitsschädlichen Schall und Infraschall
Fakt:
Es stimmt: An Windenergieanlagen entsteht durch das Entlangstreichen des Windes an den Rotorblättern und durch Vibrationen in Turm und Rotorblättern Schall und Infraschall.
Aber:
■ Nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis werden durch Infraschall mit einer Lautstärke unterhalb der Hör-/Wahrnehmungsschwelle keine negativen gesundheitlichen Wirkungen hervorgerufen.
■ Eine oft genannte Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) enthielt einen schweren Rechenfehler: Die Infraschallbelastung durch Windenergieanlagen wurde um das etwa 4.000-fache überschätzt. Diese Studie wurde aufgrund dieses Fehlers inzwischen zurückgezogen.
Die Schallbelastung wird durch ein Fachgutachten geprüft. Eine Genehmigung ist nur bei Einhaltung der Grenzwerte (Immissionsrichtwerte) der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) möglich.
These 5: Windenergieanlagen verursachen durch Schattenwurf erhebliche Belästigungen.
Fakt:
Je nach Sonnenstand und Jahreszeit kann von Windenergie[1]anlagen ein Schattenwurf ausgehen.
Gegenwärtig gelten die folgenden Richtwerte:
■ maximal zulässige tägliche Beschattungsdauer: 30 Minuten pro Tag.
■ maximal zulässige jährliche Beschattungsdauer: 30 Stunden pro Jahr. Das Vorgehen zur Beurteilung des Schattenwurfs ist gesetzlich geregelt. Die Beurteilung wird im Zuge des Genehmigungsverfahrens mit Hilfe einer Prognose vorgenommen. Droht nach der Schattenwurfprognose eine Überschreitung der Richtwerte, sind folgende Maßnahmen möglich:
■ Gezielte Abschaltung unter Verwendung von Strahlungs oder Beleuchtungsstärkensensoren (Abschaltautomatik).
■ Wählen eines alternativen Standorts für die Windenergieanlage(n).
Sind die Maßnahmen nicht zielführend, wird keine Genehmigung der Windenergieanlage(n) erteilt. Sogenannte Diskoeffekte (Reflexionen von Sonnenlicht an den Flügeln) sind aufgrund der matten Beschichtung der Rotorblätter bei modernen Anlagen nicht mehr relevant.
These 6: Jährlich sterben tausende von Vögeln und Fledermäusen durch Windenergieanlagen.
Fakt:
Windenergieanlagen stellen während des Betriebs eine mögliche Gefahr für verschiedene Vogel- und Fledermausarten dar. Beim Bau der Anlage besteht zudem möglicherweise eine Gefahr für bodenlebende Arten im Bereich der Windenergieanlage.
Aber:
■ Die aktuell vorliegende Datenlage über betroffene Arten ist nicht ausreichend. Die häufig genannten Zahlen beruhen größtenteils auf Schätzungen.
■ Die Forschung arbeitet momentan daran, Antworten auf die Frage der Betroffenheit von einzelnen Arten (z. B. des Rotmilans) zu finden.
■ Gängige Vergleiche zur Anzahl von getöteten Tieren sind aus mehreren Gründen fachlich ungenau.
■ Die Betroffenheit aller gefährdeten Arten wird im Zuge des Genehmigungsverfahrens nach Bundesnaturschutzgesetz geprüft. Ist die Betroffenheit zu groß oder ein Ausgleich nicht möglich, wird keine Genehmigung erteilt.
Und: Es besteht Einigkeit darüber, dass die Klimakrise eine noch viel größere Gefahr sowohl für die einzelnen Arten als auch für die Artenvielfalt darstellt.
These 7: Windenergieanlagen stehen die überwiegende Zeit still, das ist nicht rentabel.
Fakt:
Windenergieanlagen drehen sich nicht dauerhaft.
Sie stehen während ihres Betriebs aus unterschiedlichen Gründen vorübergehend still:
■ zu wenig Wind,
■ Wartungs- und Revisionsarbeiten,
■ genehmigungsrechtliche Vorgaben (zum Beispiel Arten- oder Immissionsschutz),
■ überlastete Stromnetze aufgrund des fehlenden Netzausbaus.
In diesem Zusammenhang ist oft der Begriff der Volllaststunden zu finden:
Dies ist ein berechneter, theoretischer Wert, der die Auslastung einer Anlage beschreibt. Bei Windenergieanlagen liegen die tatsächlichen Betriebsstunden in der Regel deutlich über den errechneten Volllaststunden. Grund dafür ist, dass sich die Rotoren auch in windschwächeren Zeiten drehen. Sie erbringen dann nicht die maximal mögliche Leistung, sondern nur einen Teil davon.
Trotz der Stillstandszeiten erzeugen Windenergieanlagen im Laufe ihres Betriebs viel Strom. Zum Vergleich: Eine Windenergieanlage braucht im Durchschnitt sieben Monate, um die Energiemenge zu erzeugen, die für ihre Herstellung benötigt wurde.
These 8: Windenergieanlagen verstärken den Klimawandel, führen zu Trockenheit und emittieren Schwefel-Hexafluorid (SF6).
Fakt:
■ Windenergieanlagen entziehen der atmosphärischen Strömung (Wind-)Energie, um diese in Strom umzuwandeln. Die Reduktion der Windgeschwindigkeit ist jedoch auf einen sehr kleinen Bereich begrenzt. Es erfolgt ein Ausgleich von den Seiten und von oben.
■ Der Einfluss des Windparks ist in wenigen Kilometern gar nicht mehr messbar.
■ Ausschließlich das unmittelbare Umfeld großer Windparks ist von Auswirkungen geringfügig betroffen. Globale Strömungen wie der Jetstream werden aber nicht beeinflusst.
■ Der Jetstream wird hingegen durch die Erwärmung der Pole infolge des Klimawandels beeinflusst.
Fakt:
■ Schwefel-Hexafluorid (SF6) wird als Isolationsgas in Mittel- und Hochspannungsschaltanlagen eingesetzt, das ist Stand der Technik.
■ Im Bereich der Erneuerbaren Energien sind die verwendeten Mengen an SF6 im Vergleich zu anderen Branchen gering.
■ Das Gas wird überwiegend innerhalb geschlossener Systeme eingesetzt und deshalb im Normalfall nicht freigesetzt.
■ Gegenwärtig werden Alternativen für den Einsatz von SF6 entwickelt sowie Maßnahmen zur Reduzierung von SF6 ergriffen
Um die Energiewende umzusetzen, ist es notwendig, von einer fossilen auf eine regenerative Energieerzeugung umzusteigen. Die Nutzung von Wind zur Stromerzeugung stellt eine passende Ergänzung zur Sonnenenergie dar. Damit der Strom nahe an den Verbraucherinnen und Verbrauchern erzeugt wird, ist der Bau von Windenergieanlagen auch in unserer Region erforderlich.
Die Windenergie ist mit etwa 9 Cent je Kilowattstunde die günstige Form der Stromerzeugung. Gleichzeitig bietet sie verschiedene Möglichkeiten für Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger, von der Stromerzeugung zu profitieren:
■ Pachteinnahmen für (kommunale) Flächen
■ Eine finanzielle Beteiligung je erzeugter Kilowattstunde für die umgebenden Kommunen
■ Gewerbesteuereinnahmen
■ Diverse Formen der Bürgerbeteiligung
Die Verunsicherung bezogen auf die Windenergie ist in der Bevölkerung oft noch groß. Dieser Faktencheck greift die häufigsten Aussagen auf und stellt sachliche Informationen zu den verschiedenen Themen bereit.
Mehr und regelmäßig aktualisierte Fakten sowie weiterführende Links zu den jeweiligen Thesen gibt es über die Webseite www.ea-bb.de.